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Mein Besuch bei Gunvor Sjölin in Östersund im Jahr 2000

 

"Ich bin froh, dass der Wagen nicht in die Hände der Rocker gefallen ist."


 

Natürlich nahm ich an, dass der Buckel in den 30 Jahren seit 1963 mehrere Besitzer hatte, aber erst einmal den ersten herausfinden. Ich entdeckte eine lokale Tageszeitung in der nordschwedischen Stadt Umeå und faxte die deutsche Geschichte des Buckels aus Umeå dorthin. Roger Römberg, Motorjournalist von Västerbottons Kuriren, gefiel die Anfrage und ahnte eine Geschichte dahinter. Wir telefonierten und Roger fragte alles über den Buckel, über mich und meine Leidenschaft zum Volvo PV 544. Roger Römberg recherchierte und fand alles über die Chassis Nummer 401534 heraus: am 31. 10. 1963 hat er das Werk Göteborg verlassen, Auslieferung  nach Umeå am 1. November 1963.  Am 8. November hat Olof Sjölin den Wagen angemeldet. Versichert bei „S-Bolagen“. Aus späteren Erzählungen weiß ich, dass der Buckel im April 1964 erstmals von Herrn Olof Sjölin und seiner Frau Gunvor gefahren wurde, als der letzte Schnee verschwand. Auch fand Roger Römberg heraus, dass Gunvor nach dem Tod ihres Mannes Olof nach Östersund umgezogen war, mit dem Buckel.

In Västerbottons Kuriren erschien im Mai 1994 ein ganzseitiger Artikel „PV: n utan mankemang“, übersetzt: „PV ohne Makel“. Dazu sandte mir Roger Römberg einen dicken Umschlag mit Kopien der schwedischen Zulassungsstelle, vom ersten bis zum letzten Tag, als der Buckel in Schweden fuhr. Daraus ging hervor, dass das Ehepaar Sjölin der einzige Besitzer des Volvos mit der Registrierungs-Nummer 401534 war! Dass das etwas Besonderes ist, wurde mir jetzt klar.

 

 

Auch zog ich einen Brief im April 1994 aus Östersund aus dem Briefkasten, Absender „Gunvor Sjölin“,die Erstbesitzerin!          

Sie schrieb mir auf einer alten Schreibmaschine in schwedisch, eine norwegische Freundin meiner Mutter übersetzte ihn mir - es war ein herrlicher Brief! Sie schilderte ihre Freude, als Roger Römberg über den Verbleib „ihres“ PV in Deutschland berichtete. Schweren Herzens habe sie den geliebten Wagen wegen „nachlassender Seh- und Hörkraft und der Tatsache, dass sie in der Nähe ihrer neuen Wohnung keine Garage gefunden habe“ verkauft und dabei Sorge gehabt, „dass der Wagen in schwedische Rockerhände gelangen könne“. „Protokolle wegen zu hoher Geschwindigkeit habe sie auch bekommen“, schrieb sie weiter, „aber der Wagen hatte eine so gute Straßenlage, dass ich einfach in Versuchung kam“. Beigefügt war das letzte Foto des Buckels, bevor er nach Deutschland gebracht wurde. Gerne würde sie weiter über ihren Wagen informiert, weiter auf dem Laufenden gehalten werden. Und dies tat ich natürlich gerne!

Den Buckel fuhr ich relativ viel, außer im Winter, denn der PV 544 hatte in seinem bisherigen Dasein niemals Salz erleben müssen, so sollte es auch bleiben! Wie ich von Gunvor Sjölin erfuhr, hatte Olof und sie den Wagen nie im schwedischen Winter gefahren und der dauerte von Oktober bis März/April, demnach rollte der Buckel nur von April bis September. Das erklärte auch den außerordentlichen guten Zustand - kein Wunder, wenn der Buckel in 30 Jahren quasi nur 15 Jahre auf trockenen, schottrigen  Straßen fuhr.

Ein Bericht über das Volvo-Treffen im Taunus führte auch dazu, das Roger Römberg noch einmal über den Buckel mit der Chassis-Nummer 401534 in den Västerbottons Kuriren berichtete – und Gunvor somit auch über das Leben ihres alten PV weiter informiert war. Ich wurde die Jahre hinweg immer zu Weihnachten mit einer Karte von Gunvor bedacht, und es war immer eine Freude, den Umschlag mit ihrer charakteristischen Handschrift zu öffnen.

 

 

 Es reifte die Idee, Gunvor Sjölin mit dem Buckel in Östersund zu besuchen. Im Jahr 2000 verwirklichte ich diese Idee. Volvo-Deutschland unterstützte die Reise, indem es alle Betriebskosten übernahm und die Garantie gab, eventuelle Pannen zu beheben, was natürlich keinen Risikofaktor darstellte.

 

 

 

 

 

 

 

Die Presse fand die Reise so interessant, dass sie berichtete . . .

 

Start bei 27°C

 

 

 

 

 

 

 

Skandinavien rückt näher

 

 

 

 

 

 

Und alle hielten sich an 80 km/h

 

 

 

 

 

 

 

Übernachten im Buckel bei kapp über 0°C in Ljandsberg

 

 

 

 

 

 

 

 Schwedische Idylle überall

 

 

 

 

 

 

 

Nur noch 259 km bis Östersund

 

 

 

 

 

 

 

Vor 24 Stunden noch blühende Rapsfelder, und jetzt . . .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Fahrt, 5000 km in fünf Tagen, wurde ein bleibendes Erlebnis. Für mich, für Gunvor Sjölin bestimmt auch. Ich startete im April bei 27°, die Rapsfelder blühten bereits.

Diese mittlerweile 86 Jahre alte, feine Dame, die immer noch selbstständig in ihrer eigenen Wohnung in der Kyrgatan 61A in Östersund wohnte, empfing mich so warmherzig wie ein Mitglied ihrer Familie.Gunvors Freundinnen wollten es gar nicht glauben, dass ich die lange Fahrt nach Östersund unternommen hatte, um Gunvor zu besuchen. Die eineinhalb Tage waren rührend. Es dauerte Ewigkeiten, bis Gunvor und ich die jeweiligen Geschichten verstanden, die wir uns mitzuteilen hatten. Ihre Schulenglischstunden lagen ja schließlich auch schon 70 Jahre zurück; und meine Schwedischkenntnisse natürlich Null. Wir fuhren gemeinsam durch Östersund, sie schaute aber kaum nach draußen, ihre Blicke wanderten immer nur in ihrem alten Volvo herum. „Einmal wollte ich einen Spiegel auf die Sonnenblende kleben, man will natürlich als Frau hübsch sein. Aber Olof hat das nicht erlaubt - der Wagen sollte so bleiben. Den Lenkradüberzug und die Zierringe an den Rädern hatten wir damals auch nicht, auch kein Radio“, bemerkte Gunvor. Dass ich den Überzug aus Gründen der Erhaltung aufgezogen hatte, freute sie. Die Zierringe aber habe ich später wieder entfernt (David O’Connor aus Dublin hat sie 2001 ersteigert).

 

Olof Sjölin, PV-Purist, gest.1969

 

 

 

 

 

 

 

Am Abend backte Gunvor einen schwedischen Beerenkuchen, sehr lecker! Sie machte mir Hoffnung, demnächst alte Diakästen nach Fotos durchzustöbern, auf denen der Volvo abgelichtet war. Aber leider, leider - bis auf zwei Fotos habe ich nichts erhalten:

 

 

Gunvor Sjölin mit Freundinnen bei der Sommerfrische in Strösund 1988

 

 

 

Das letzte Foto, das vom PV 544 mit dem Kennzeichen AC22177 in Schweden gemacht wurde

 

Da ich aber gemerkt habe, wie schwer es für sie war, ihr tägliches Leben zu meistern, kann ich gut verstehen, dass sie nicht dazu kam, mir Fotos heraussuchen. Ich freue mich aber über diese beiden schönen Motive.

Diese Reise zu Gunvor Sjölin nach Östersund war einmalig schön. Und ein neuer Song, von Melanie C. „Never be the same again“, der damals gerade gesendet wurde, begleitete mich die gesamten 5000 Kilometer und erinnert mich noch heute an diese wunderschöne menschliche Begebenheit, wenn er im Radio läuft.  

 

Nach 5.500 km wieder zurück im Tal